- Offizieller Beitrag
Die Hintergründe der Entstehung des Christentums
Die politischen, religiösen und gesellschaftlichen Hintergründe für die Entstehung des Christentums.
Lernziele
1. Die Kirchengeschichte hat ihre Vorläufer in der alttestamentlichen Heilsgeschichte und ihre Grundlage in dem, was Jesus Christus getan hat. Sie erkennen die Kirchengeschichte als Teil der Heilsgeschichte.
2. Sie erkennen, dass die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe zur Zeit der Entstehung des Christentums vieles von dem transparent machen, was beim bloßen Lesen des Neuen Testaments unklar bleibt.
3. Ihnen wird die Lehre und das Wirken von Jesus Christus in seiner historischen Einzigartigkeit bewusst.
Beginn der Kirchengeschichte
Politische Hintergründe
Schauplatz der frühen Kirchengeschichte ist die östliche Hälfte des römischen Reiches, ein Imperium unterschiedlicher Rassen und Kulturen. Die einheitliche politische, militärische und wirtschaftliche Organisation schwächte jedoch die Unterschiede ab und führte zu einer Vermischung. Hinzu kam die Vereinheitlichung der Sprache durch das Koine-Griechisch. Das riesige Reich war eingeteilt in Provinzen, die entweder direkt oder durch Konsuln vom Kaiser in Rom verwaltet wurden (s. Abbildung 6).
Die Gegend, in der die Kirchengeschichte ihren Anfang nahm, würden wir heute als multikulturell bezeichnen. Eine Reihe von kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die in vorchristlicher Zeit stattfanden, waren Wegbereiter für die Verkündigung der Frohbotschaft und sollen deshalb kurz genannt werden: Innerhalb der griechischen Welt hatte nach der Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft ein Prozess der Neuorientierung stattgefunden. Alle bisherigen Überlieferungen wurden hinterfragt und gesellschaftliche Strukturen kritisch beleuchtet. So wandten sich griechische Philosophen auch gegen den griechischen Götterkult mit seinen allzu menschlichen Auswüchsen. Dieser Prozess der Neuorientierung führte im Bereich der Religion zur Offenheit für den Monotheismus oder zur grundsätzlichen Frage, ob es Götter überhaupt gibt. An diese Entwicklung konnte Paulus in seiner Areopag-Rede – wie es die Apostelgeschichte festhält – anknüpfen.
Die griechische Kultur, besonders die Denkarbeit der Philosophen, prägte den ganzen Mittelmeerraum. Die Zeit der Blüte des griechischen Weltreichs unter Alexander dem Großen (356-323 v. Chr.) war gefolgt vom Zerfall des Reiches. Das zerfallende, politische Gebilde wurde dann aber nicht mehr von den Griechen, sondern von den Römern zusammengehalten. Als Jesus Christus geboren wurde, war seine Heimat politisch gesehen römisch, kulturell gesehen griechisch und religiös gesehen jüdisch. Neben dem Hebräischen stand das Griechische als Sprache zur Verfügung, das von einer Vielzahl von Menschen verstanden wurde.
Damit war sowohl philosophisch der Boden vorbereitet für die Ausübung einer Religion als auch politisch ein rechtsstaatliches System dafür vorhanden.
Religiöse und kulturelle Hintergründe
Religion
Die religiöse Lage bot ein buntes Bild. Zahlreiche Kulte existierten nebeneinander. Es gab nur wenig, was von der Regierung verboten wurde. Die römischen Bürger und alle übrigen Völker des Reiches erkannten gegenseitig ihre Götter an. Man lebte pluralistisch und tolerant. Kennzeichen römischer Kultur wurde der Kaiserkult, der unterschiedlich gefeiert wurde. Man sah sich jedenfalls abhängig vom Kaiser und erbat im Kaiserkult den Schutz der Götter für diesen wichtigen Mann.
Nach ihrem Tod wurden die Kaiser in die Reihen der Götter aufgenommen. Augustus nannte sich erstmals „Sohn Gottes“, wahrscheinlich primär aus politischen Gründen. In der Folge wurde er als „Retter“ (Sotär) des Menschengeschlechts und als Friedensstifter verehrt. Im Kaiserkult wurden aber nicht die Kaiser als Personen, sondern ihr Genius verehrt. Die nach ihrem Tod vergöttlichten Kaiser nahmen eine Mittelstellung zwischen Göttern und Menschen ein. Geopfert wurde also nicht dem Kaiser, sondern zugunsten des Kaisers. Das jährliche Opfer war Staatspflicht. Dabei war es egal, bei welchem Gott das Opfer gebracht wurde. Für Christen ergab sich daraus nicht das Problem der Verehrung des Kaisers, die Schwierigkeit bestand in ihrer Ablehnung jeder Form von Opfern.
Die Juden lehnten den Staatskult ab und verweigerten konsequent die bildliche Darstellung ihres Gottes. Diese Exklusivität legte man ihnen als Mangel an Gemeinsinn aus und bezeichnete sie deshalb als Bürger zweiter Klasse (Christen waren Bürger dritter Klasse!). Immerhin kannten Juden noch den Opferdienst (der wurde zwar seit der Zerstörung des Tempels nicht mehr praktiziert, bestand aber als theoretische und erstrebte Möglichkeit weiter), galten deshalb gegenüber Christen als das kleinere Übel und waren offiziell als Religion anerkannt. Innerhalb ihrer Provinz (Judäa) wurde den Juden weitreichende Selbstständigkeit zugestanden. Es gab außerdem über das römische Reich verteilt zahlreiche jüdische Gemeinden und das Judentum wirkte durch seinen Monotheismus und seine Ethik attraktiv. Die für die Ausbreitung des Christentums vorbereitende Arbeit des Judentums darf nicht unterschätzt werden. (vgl. A. Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, Leipzig 1906, Bd. 1, S. 14)
Volksglaube
Bei aller religiösen Vielfalt bestand Einigkeit im Glauben, dass Glück und Unglück, Freude und Leid Gaben der Götter sind. Deshalb gewann der Kult der Zeus-Tochter Tyche an Einfluss. Tyche war Göttin des Schicksals und Spenderin von Glück und/oder Unglück. Gleichzeitig war der Mensch lernfähig und verantwortlich. Deshalb konnte er gewissen Einfluss auf sein Schicksal nehmen. Grundsätzlich herrschte Furcht vor den Göttern, sie galten als Mächte, auf die man wenig Einfluss hatte. Wer korrekt seine Opfer brachte, brauchte allerdings nur wenig Angst zu haben. Die stoischen Philosophen (philosophische Denkrichtung ab 300 v. Chr., die den Menschen als Teil des Universums verstand und ihr Ideal darin sah, in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Universum zu leben und dabei Ruhe und Gelassenheit zu wahren) wandten sich nicht nur gegen die Angst vor Göttern, sondern generell gegen die Angst. Die Mehrheit der Bevölkerung war aber nicht Anhänger der Stoiker. Man glaubte an ein Weiterleben nach dem Tod und machte sich Gedanken über Vergeltung im Jenseits. In wichtigen Lebensfragen wandte man sich an die Götter und erhielt etwa im Traum oder im Orakel eine Antwort. Verfehlungen konnte man durch Opfer sühnen.
Statistik
Man schätzt die Bevölkerung des Imperium Romanum zur Zeit der Urchristen auf 50 – 80 Mio., wobei nur 7 Mio. römische Bürger waren. Rom hatte 600.000 – 1 Mio. Einwohner, andere Großstädte 50.000 – 100.000. Die meisten Orte hatten nur 2.000 – 3.000 Einwohner. In Rom lebten etwa 15.000 – 40.000 Juden (2-6 Prozent), in Ägypten 150.000 – 200.000 (3 Prozent), in Damaskus etwa 18.000. Die Zahl der in der Zerstreuung lebenden Juden wird auf ca. 5 Mio. geschätzt.
Die Lebenserwartung war gering, die Kindersterblichkeit hoch. Wohl 25% der Neugeborenen überlebten das erste Lebensjahr nicht. Nur 43 Prozent aller Menschen erreichten das 15. Lebensjahr und nur 7,5 Prozent wurden 65 Jahre alt. Wer 15 Jahre alt war, konnte damit rechnen, ca. 46 Jahre zu werden. Ein 45-Jähriger konnte damit rechnen, 60 Jahre alt zu werden. Ein 60-Jähriger durfte statistisch mit 69 Jahren rechnen. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie wird auf 5,3-8 geschätzt.
Römische Gesellschaft
Die römische Gesellschaft war bestimmt vom Prinzip der Ungleichheit. Es gab die herrschende Schicht, die Grundbesitz besaß. Zu dieser Gruppe zählten Kaiser, Senatoren (600 – 5000), Ritter (bis 20.000) und die städtische Aristokratie (100.000 – 150.000), insgesamt etwa 1 Prozent. Die Oberschicht genoss Privilegien und wurde mit besonderem Respekt behandelt. Gegenüber den Untertanen pflegte die Oberschicht idealerweise patriarchale Verantwortung, man sorgte für die Bürger. Im Römerstaat galt Opferbereitschaft für die Gesellschaft als große Tugend. Das Leben in der Unterschicht verglichen Geschichtsschreiber mit dem eines Hasen, der sich Haken schlagend rettet oder wegduckt, wenn ein Stärkerer kommt.
Römische Vollbürger hatten im Blick auf die Versorgung mit Land, im Steuerrecht, im Privatrecht und im Strafrecht Sonderrechte. Ein römischer Bürger konnte nur durch das Gericht des Kaisers in Rom zum Tod verurteilt werden. Für die Verleihung des Bürgerrechts war die Kenntnis der lateinischen Sprache Voraussetzung. Aufsteigen konnten auch Fremde, indem sie besondere Dienste taten. Unterhalb der rats- und amtsfähigen Bürger rangierten die Nicht-Bürger, wobei auch hier unterschiedlicher Status herrschte. Man unterschied die Freigeborenen (Nicht-Sklaven ohne Stimmrecht) von den Freigelassenen. Die Freigeborenen stellten den größeren Teil der Bauern, Handwerker, Gewerbetreibenden und Händler. Unter den Freigelassenen standen Sklaven als Sachgüter zum Verkauf. Auch innerhalb der Gruppe der Sklaven gab es große Unterschiede. Lehrer etwa lebten recht gut.
Das Leben spielte sich auf der Straße ab. Hier wurde gekauft, verkauft, gegessen, getratscht, gespielt, Wasser geholt und die Religion ausgeübt. Die Häuser selbst waren vielfach unbequem und dunkel. Tausende von Statuen säumten die Straßen: Götter, Politiker, Dichter, Redner, Schauspieler und Athleten wurden abgebildet, verehrt, gewaschen, gesalbt und feierlich durch die Stadt getragen.
Im Blick auf die Götterverehrung konnte jede Stadt eigene Wege gehen. Man achtete aber darauf, den unterschiedlichen Göttern gleiche Ehre zukommen zu lassen.
Betrachtet man die technischen Errungenschaften der Römer, dann fällt auf, dass sie hervorragende Fachleute für den Alltagsbedarf waren, die mit bewundernswerter Präzision und Sorgfalt ein Riesenreich verwalteten. Straßenbau und Wasserleitungen (s. Abbildung 7), Häuserbau (Abb. 8), Nachrichtensysteme, Hygiene, Medizin, alles war für die damalige Zeit beeindruckend. Besonders gut verstanden sich die Römer auch auf die Kriegsführung. Die Disziplin der Soldaten war weltbekannt und ihre Schlagkraft gefürchtet. Wenn römische Soldaten eine Stadt belagerten, gab es kaum ein Entrinnen.
Jesus Christus
Seine Heimat
Jesus und seine Jünger kamen aus Galiläa. Damals lebten etwa 2,5 Mio. Menschen in der Provinz Judäa (ca. 800.000 Juden, ca. 500.000 Samaritaner, Griechen und Nabatäer). Galiläa wurde zur Zeit von Jesus durch Herodes Antipas regiert, dem zweiten Sohn von Herodes dem Großen. Im Jahr 40 n. Chr. wurde Galiläa an Herodes Agrippa I. übertragen. Nach vier Jahren seiner Herrschaft kam Galiläa unter direkte römische Verwaltung.
Galiläa hatte fruchtbare Böden und war wohl dichter besiedelt als der Rest des Landes. Man lebte von Olivenölproduktion, Getreide-, Wein-, Feigen-, Gemüse- und Pilzanbau, Schafzucht, Ziegen, Wollproduktion, Dattelpalmen und der Geflügelzucht. Viele Menschen arbeiteten im Handel, Handwerk und Tonwarenbereich. Im Großraum Jerusalem blühte zudem der Tourismus.
Steuern waren auch damals schon zu bezahlen: die Tempelsteuer, der Zehnte, Kopfsteuer, Gewerbe- und Vermögenssteuer, Tribut, Salzsteuer, Verkaufssteuer, Zoll – insgesamt eine schwere Last. Es gab Reiche und Arme, Offiziere und Hausierer, Sklaven und Prostituierte, Hirten und Banditen. Die herodianische Herrscherfamilie war verhasst.
Der Alltag war gezeichnet durch politische Demütigungen für die Juden, ebenso von wirtschaftlicher Not. Man hielt Feste, aß (als Jude) keine unreinen Tiere, hoffte auf die Wiederherstellung Israels und war bereit, für seinen Glauben Unannehmlichkeiten zu erdulden. Die religiöse Gruppe der Pharisäer strebte nach Gerechtigkeit, die Sadduzäer betonten die Eigenverantwortung. In den Städten konnten 2-15 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben, auf dem Land höchstens einer von hundert. Nachrichten gingen trotzdem hin und her. Die mündliche Überlieferung spielte dabei eine wichtige Rolle.
Leben und Auftrag
Die Menschwerdung des Gottessohns bildet den Angelpunkt der Weltgeschichte. Dies wurde aber erst im Nachhinein klar. Für die Zeit seines Auftretens galt für Jesus (Johannes 1,10f.): „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Kindheit und Jugend sind mit Ausnahme der spektakulären Ereignisse um die Geburt äußerlich unscheinbar und von der Öffentlichkeit unbeachtet geblieben. Trotzdem lag bereits über seiner Geburt ein Geheimnis: Während das Leben eines gewöhnlichen Menschen mit der Zeugung und Geburt beginnt, trat Jesus zwar als Mensch erst mit seiner Empfängnis und Geburt ins irdische Dasein, existiert hat er nach biblischer Überzeugung jedoch als Person schon von Ewigkeit her.
Seine irdische Geburt war deshalb kein absoluter Anfang, sondern wie Johannes in seinem Evangelium formuliert, das Kommen des ewigen Wortes Gottes in diese Welt („Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“ (Johannes 1, 14). Nachdem Jesus durch Johannes am Jordan getauft worden war, zog er sich zunächst in die Wüste zurück, um danach am Jordan seine ersten Jünger zu berufen und sie zu Menschenfischern auszubilden.
Mit diesen zwölf Jüngern ging Jesus hinauf nach Galiläa, wo er auch das erste Wunder (Wasser wurde zu Wein) bewirkte (Johannes 2, 1-12). Damit wurde von Anfang an deutlich, dass er nicht nur ein (Buß-)Prediger war wie Johannes, sondern der, der Leben und Freude bringt. Die darauf folgende Tempelreinigung ließ aufhorchen! (Johannes 2, 13-25) Zwar war klar, dass der Messias das Recht hatte, den Tempel zu reinigen. Aber wenn Jesus von Nazareth der Messias war, musste er sich legitimieren. Seine Legitimation bestand im Hinweis: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten.“ Dies konnte natürlich nicht ohne weiteres verstanden werden. Die Art und Weise des Auftretens von Jesus stellte die Vorstellungen und Erwartungen der Juden in vieler Hinsicht in Frage. Zunehmend offenbarte er sich in seinen Worten und in seinem Verhalten anders, als die Mehrheit es erwartet hatte.
Jesus selbst wusste sich von Gott gesandt, die verlorenen Schafe Israels zu sammeln. Der Anspruch, mit dem er auftrat, ging weit über alles hinaus, was das alte Israel vom verheißenen Messias erhoffte. Er zog durch Dörfer und Städte und verkündete die Botschaft vom anbrechenden Reich Gottes. Er rief zur Umkehr und zum Glauben, wobei er sich als der von Gott Gesalbte sah, der durch Lehre, Heilung und Befreiung die befreiende Macht des Reiches Gottes sichtbar machte.
Dieses Reich hat einen gegenwärtigen und einen zukünftigen Aspekt. Jesus kam, um den Vater zu offenbaren, er kam um Kranke zu heilen, Sünde zu vergeben, um zu retten und Leben wieder herzustellen. Er ist Arzt, Hirte und Erlöser. Das Evangelium ist die Nachricht von der sich verwirklichenden Gottesherrschaft. Jesus rief konkret zur Buße, Abkehr vom Alten, hin zum Neuen (griech.: „metanoia“ und „pisteuein“). Wer umkehrt, ob Jude oder Heide, gehört zum wahren Volk Gottes, er wird ein Kind Abrahams. Glaube bedeutete: Folge Jesus nach, vertraue Gottes gnädiger Herrschaft und vertraue, dass sie durch Jesus zu uns kommt. Gib deine Möglichkeiten preis und lebe im Horizont der angebrochenen Herrschaft Gottes.
Die Zeit der Wunder Jesu in Galiläa brachte Bewegung ins Volk. Die religiösen Führer konnten ihn nicht mehr übersehen. Einerseits bestätigte Jesus mehr und mehr, dass er der Messias war und legte in der Bergpredigt die Grundsätze seines Reiches dar. Andererseits wuchs der Widerstand der religiösen Führerschaft. Wir müssen bedenken: In der jüdischen Messiaserwartung konnte der Messias wohl ein außergewöhnlicher Mensch, aber niemals Gott sein. Seit Jahrhunderten bekannte Israel: „Höre, Israel, der Herr unser Gott, der Herr ist einer.“ Wie sollte da der Sohn mit dem Vater in diese Einheit gesetzt werden und schließlich noch durch eine dritte Person „komplett“ werden? Um genau dieses Anspruchs willen (nicht in erster Linie wegen des messianischen Anspruchs) wurde Jesus den Juden ein Ärgernis. Der Durchbruch zur Erkenntnis, dass Jesus der Messias und Gottessohn war, geschah für die Jünger (und wie der Schluss des Matthäusevangeliums zeigt, nicht einmal für alle) endgültig erst durch die Auferstehung. Sie bekannten ihn als Herrn und Gott und beteten ihn an.)
Die außergewöhnlichen Taten von Jesus konnten und wollten auch die Gegner von Jesus nicht leugnen, sie legten sich aber darauf fest, dass Jesus mit dem Teufel zusammenarbeite. Die Auseinandersetzungen spitzten sich zu und führten zu seiner Gefangennahme, Verurteilung und Hinrichtung.
Das Zentrum seiner Verkündigung hatte in der Lehre bestanden, er selbst sei das Sühnopfer für die ganze Welt. Das Leiden und Sterben von Jesus bildete damit den Mittelpunkt seines Wirkens auf der Erde. „Musste nicht der Messias dieses leiden und so in seine Herrlichkeit eingehen?“ fragten die Jünger von Emmaus (Lukas 24, 16). Theologisch gesprochen: Gottes Liebe ging in Christus den Weg des Leidens, um so den Weg zur Herrlichkeit zu öffnen. Der Sühnetod Jesu gilt nicht nur dem jüdischen Volk, sondern der ganzen Welt. Deshalb wurde nach der Auferstehung die gesamte Menschheit zum Adressaten der Evangeliumsverkündigung.
Die Regierung glaubte, das Thema „Jesus“ mit seiner Hinrichtung erledigt zu haben. Aber spätere Kritiker des christlichen Glaubens bestätigten (Tacitus, Ann. 15,44,2-5): „Der für den Augenblick unterdrückte, verderbliche Aberglaube (der Glaube an den Messias Jesus, BT) brach wieder auf und verbreitete sich sogar in der Hauptstadt (Rom, BT), wo alles Scheußliche und Schändliche von überallher zusammenströmt und Anklang findet.“ Hintergrund dieser Aussage war nichts anderes als die Auferstehung.
Die wissenschaftliche Forschung hat beim Osterereignis immer wieder die Frage nach der Geschichtlichkeit gestellt. Handelt es sich bei den Berichten um glaubwürdige Darstellungen? Manche sind zum Schluss gekommen, dass die Bibel nur vom Osterglauben der Jünger berichten kann. Nach den Regeln der historischen Forschung gibt es jedoch keinen zwingenden Grund, die Geschichtlichkeit des leeren Grabes abzulehnen. Die Berichte sind aus unterschiedlicher Perspektive geschrieben und bieten durchaus Schwierigkeiten beim Zusammensetzen der Puzzlestücke. Aber gerade diese Spannung macht die Berichte glaubwürdig. Nur ein Ereignis von der Tragweite der Auferstehung kann den weiteren Verlauf der Geschichte der Kirche erklären. Die leibliche Auferstehung des Herrn ist Grundlage der Kirchengeschichte. Seine Herrschaft ist nicht Vergangenheit, sondern ständige Gegenwart. Jesus ist Herr der Geschichte und das lebendige Haupt seiner Gemeinde.
Mit Pfingsten und dem Missionsauftrag beginnt die Zeit der Gemeinde – und damit die Zeit der Kirchengeschichte.
Vertiefung
1. Wie lässt sich auf dem Hintergrund dieses Kapitels die Aussage von der „erfüllten Zeit“ für das Kommen von Jesus (Galater 4,4) erklären?
2. Was unterscheidet den christlichen Glauben von anderen Religionen?
3. Welche Rolle spielt der Kreuzestod von Jesus in der Verkündigung des Evangeliums?
4. Warum steht die Person von Jesus Christus im Mittelpunkt der Kirchengeschichte?
5. Welche wichtigen neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen? Notieren Sie drei wichtige Details
F Wo gibt es Parallelen in der römischen Gesellschaft zum modernen
Westeuropa? (F)
K Welche Umstände begünstigten die Ausbreitung des Christentums?
Welche waren eher hinderlich? (K)